Korrektur im Hundetraining – brauchen Hunde wirklich eine „Korrektur"?
„Wir müssen dieses Verhalten korrigieren.“
Ein Satz, den man im Hundetraining immer wieder hört.
Doch was bedeutet Korrektur eigentlich – und ist der Begriff überhaupt sinnvoll, wenn es um Hunde geht?
Im menschlichen Alltag verstehen wir unter Korrektur, dass etwas falsch war und berichtigt wird. Doch Hunde handeln nicht aus moralischem Antrieb. Sie reagieren auf Situationen, in denen ihr Wohlbefinden, ihre Ruhe oder Sicherheit gestört sind.
Ein Knurren, Wegdrängen oder Abwenden ist keine moralische Zurechtweisung – es ist Kommunikation von Grenzen. Hunde reagieren. Sie belehren nicht.
Hunde kommunizieren, sie „korrigieren“ nicht
In der Verhaltensbiologie wird das, was wir oft „Korrektur“ nennen, als soziale Regulation beschrieben. Hunde setzen ihr Verhalten nicht ein, um andere zu „erziehen“, sondern um Konflikte zu vermeiden oder zu lösen.
Das Konzept einer bewussten „Erziehung“ unter Hunden ist wissenschaftlich nicht belegt. Wenn Hunde in unseren Augen grob miteinander umgehen, hat das Gründe: Ressourcenschutz, Selbstschutz oder Stressabbau.
Der Mythos: „Das machen Hunde untereinander ja auch.“
Diese Aussage wird oft als Rechtfertigung für körperliche oder einschüchternde Maßnahmen im Training genutzt.
Hunde handeln zur Selbstregulation, nicht zur Disziplinierung anderer.
Wenn ein Hund knurrt oder sich abwendet, kommuniziert er – er „korrigiert“ nicht. Und genau dieser Unterschied ist extrem wichtig!
Der Schnauzengriff der Mutterhündin – Fürsorge, nicht Strafe
Oft wird der Schnauzengriff der Mutterhündin als Beispiel für eine klare „Korrektur“ angeführt. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich: Dieses Verhalten ist instinktiv und fürsorglich.
Der Griff dient der Beruhigung und Regulation – nicht der Bestrafung.
Wenn Menschen dieses Verhalten nachahmen, fehlt die soziale Legitimation.
Wir sind keine Mutterhündin – und sollten uns auch nicht so verhalten.
Vom Korrigieren zum Kommunizieren
Wenn wir verstehen, dass Hunde nicht „korrigieren“, sondern kommunizieren, verändert sich unsere Sichtweise grundlegend.
„Korrektur“ ist ein menschliches Konzept – in der Hundewelt gibt es sie so nicht.
Hunde setzen Grenzen, schützen ihre Bedürfnisse und regulieren ihr Umfeld. Aber sie erziehen sich nicht gegenseitig im moralischen Sinn.
Als Menschen sollten wir nicht versuchen, diese Verhaltensweisen zu imitieren, sondern sie zu verstehen und richtig einzuordnen.
Hunde brauchen keine „Korrektur“ –
sie brauchen Sicherheit, Verständnis und faire Führung.
Und das beginnt mit unserer Sprache:
Weg von „Ich korrigiere dich“ –
hin zu „Ich helfe dir, dich sicher zu fühlen“.